
15 Gesichter des Tennis‘
Die Tennis-Weltrangliste basiert auf Fakten. Aber das Ranking spiegelt keineswegs alle Stärken wider. Ein Blick über den Court hinaus: 15 Spielerinnen, 15 Miniporträts. Spiel, Satz und Staunen.
Die Modebewusste – Agnieszka Radwanska
Die Fans mögen sie auch ohne den ganz großen Titel – die Wahl zur beliebtesten Spielerin des Jahres hat Radwanska zum fünften Mal in Folge gewonnen. Den Award für das beste Kleid auf dem Platz übrigens auch.
Die Angreiferin – Angelique Kerber
Kerber hat ihr Spiel perfektioniert, die Top-Spielerinnen geschlagen und sich selbst zu einer gemacht. Dass sie keinen Ball aufgibt, hat die Porsche-Markenbotschafterin oft gezeigt. Es fehlte nur der ganz große Titel. Und dieses Ziel hat sie schneller erreicht als gedacht: Bei den Australian Open gewann sie ihr erstes Grand-Slam-Turnier.
Die Aufsteigerin – Garbine Muguruza
Ein bisschen war es so, als käme sie aus dem Nichts. 2015 war nicht Garbine Muguruzas erstes Profijahr, aber ihr erfolgreichstes: Finale beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon, Turniersieg in Peking, um schließlich die Saison als Nummer drei der Welt zu beenden; dazu noch zwei Titelgewinne im Doppel.
Die Zurückhaltende – Simona Halep
Abseits des Tenniscourts hält sie auf Bildern oft die Landesfahne in der Hand. Halep ist ihrer Heimat Rumänien sehr verbunden, das ist ihr wichtig. Ein Jetset-Leben, wie viele Tennis-Kolleginnen es mögen, mit Medienmarathons, auf den roten Teppichen rund um den Globus zu Hause? Das ist nicht ihre Welt – auch nicht in der Saisonpause.
Die Kämpferin – Carla Suarez Navarro
Wer die Basketball-Legende Michael Jordan zu seinen Vorbildern zählt, muss zwangläufig hoch hinaus wollen. Daher richtet auch Carla Suarez Navarro den Blick nach oben. In diesem Jahr mehr als bisher in ihrer Karriere. Im Februar gewann die Spanierin im Finale das Premier-5-Turnier Qatar Total Open gegen die Lettin Jelena Ostapenko mit 1:6, 6:4, 6:4. Durch den zweiten Turniersieg ihrer Karriere kletterte Suarez Navarro in der Weltrangliste.
Die Faire – Petra Kvitova
Fairness wird im Sport immer betont, aber selten gelebt. Petra Kvitova versucht es zumindest. „Meine Gegner zu respektieren, war mir immer wichtig. Ohne einen Gegner können wir dieses schöne Spiel ja gar nicht spielen“, sagt sie. Im Duell gegen andere keine Schwäche zu zeigen, gilt als oberste Priorität, wenn das Momentum mit jedem Ball kippen kann.
Die Sensationssiegerin – Roberta Vinci
Veni, vidi, vi(n)ci. Sie kam, sah und Roberta Vinci siegte – und entschuldigte sich. „Das ist der beste Moment meines Lebens. Sorry, dass ich Serena geschlagen habe, aber heute ist mein Tag“, rief Vinci den 23 771 Zuschauern zu. Sie haben es ihr gerne verziehen. Nach exakt 2:00 Stunden hatte die Italienerin bei den US Open 2015 im Halbfinale die topgesetzte Amerikanerin Serena Williams mit 2:6, 6:4, 6:4 besiegt.
Die Newcomerin – Belinda Bencic
Mit vier Jahren hat Belinda Bencic angefangen, Tennis zu spielen. Inzwischen lebt sie ihren Traum. Die Schweizerin ist mit 18 Jahren eine der jüngsten Spielerinnen auf der Tour, gehört aber schon zu denjenigen, die schwer zu schlagen sind. Auch für Serena Williams. Im Halbfinale von Toronto 2015 hat Bencic das geschafft, was nicht vielen gelingt: ein Sieg gegen die derzeitige Nummer 1.
Die Ass-Königin – Karolina Pliskova
517 Mal keine Gegenwehr. Ziemlich beeindruckend, ziemlich erfolgversprechend. Zumindest für Karolina Pliskova. Die Tschechin hatte mit 191,5 km/h in der vergangenen Saison nicht den schnellsten Aufschlag, aber keine andere Spielerin hat mehr Asse geschlagen: 517 Mal konnten die Gegnerinnen Pliskovas Service nicht annehmen.
Die Doppelspezialistin – Lucie Safarova
Wenn Lucie Safarova im Einzel mal verliert, muss sie sich meistens nicht sonderlich lange ärgern – sie hat ja noch den Doppel-Wettbewerb. Was andere Profis als zusätzliche Belastung empfinden, hat aus Safarova eine Spitzenspielerin gemacht: Die vergangene Saison beendete sie als Nummer neun im Einzel und Nummer vier im Doppel.
Die Liebenswürdige – Ana Ivanovic
Für einen ist sie mit Sicherheit die Nummer eins: Fußball-Weltmeister Bastian Schweinsteiger und Ana Ivanovic sind ein Paar. Auf dem Platz wartet die Serbin dagegen auf weitere Volltreffer. Aber sie weiß noch sehr gut, wie sich das anfühlte, mit den French Open ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen und ganz oben zu stehen. Ivanovic möchte dieses Gefühl zurück, das sie vor acht Jahren hatte. Dafür gibt sie alles.
Die Extrovertierte – Andrea Petkovic
Mit ihrem Humor und ihrer Eloquenz unterhält Andrea Petkovic und sie überrascht. Im November 2015 ganz besonders. Das letzte Match einer schwierigen Saison endete 0:6, 0:6 gegen Carla Suarez Navarro – und offenbarte tiefe Selbstzweifel. Dann, drei Wochen später: Erleichterung. „Petko“ macht weiter, mit neuem Trainer. Das Ziel bleibt gleich: leidenschaftlich, selbstbewusst und erfolgreich zu spielen.
Die Hoffnungsträgerin – Madison Keys
Keys spielt auf der Tour längst keine Nebenrolle mehr – schon gar nicht für den US-amerikanischen Tennisverband. Sie gilt als die Zukunft des Damentennis in den USA, als Hoffnungsträgerin, die vielleicht die Williams-Schwestern beerben kann. Mit 14 Jahren gewann Keys ihr erstes Hauptrundenmatch auf der WTA-Tour – seit Martina Hingis war keine jünger.
Die Dauerläuferin – Caroline Wozniacki
Wozniacki ist auf dem Tenniscourt wie eine Wand, die scheinbar jeden Ball erlaufen, jeden Schlag returnieren kann – egal, wie lange das Match bereits läuft. Die Mentalität liegt ihr im Blut. Schon zwei Mal stand sie im Finale des Porsche Tennis Grand Prix und verlor immer gegen eine Deutsche. 2011 gegen Julia Görges, im vergangenen Jahr gegen Angelique Kerber. Sie wäre mal an der Reihe.
Die Bodenständige – Caroline Garcia
Manchmal ist es ganz einfach. Um die Besten zu schlagen, sagt Caroline Garcia, muss sie spielen, wie es ihr gefällt. Kraftvoll, schnell, präzise. Aber auch geduldig und schlicht. Garcia beherrscht diese Kombination. Tennis in den Händen der Französin sieht dann genau so aus: ganz einfach. Die 22-Jährige ist seit fünf Jahren auf der Tour, spielt Einzel und Doppel.
Info
Text erstmalig erschienen im Porsche Tennis/Magazin 2016.
Fotografie: Victor Jon Goico, WTA, Fotostudie Orel, Matchmaker, Markus Leser, Jürgen Hasenkopf